Montag, 1. Oktober 2012

Filmreview: Die Frau in Schwarz

Frühes 20. Jahrhundert. Der junge Anwalt Arthur Kipps, dessen geliebte Frau bei der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes starb, nimmt aus Geldnöten einen unbeliebten Auftrag an, den ihm seine Kanzlei zuschiebt. Er soll in das Küstenstädtchen Crythin Grifford reisen, um den Nachlass der jüngst verstorbenen Alice Drablow zu regeln. Schon bei seiner Ankunft verhalten sich die Dorfbewohner abweisend und unfreundlich, und niemand will ihn zu Drablows Villa (die heimelig als "Eel Marsh House" bezeichnet wird, also "Aalsumpf-Haus") bringen, in der sich wichtige Papiere befinden. Denn diese wird angeblich von dem rachsüchtigen Geist der Schwester Drablows heimgesucht. 

Eines ist mal klar: Daniel Radcliffe sieht in dem Film fantastisch aus! Wie direkt der goldenen Ära des Gruselfilms entsprungen. Zwar ist er ein wenig zu jung, um einen verwitweten Familienvater zu spielen, aber er verleiht seiner Rolle dennoch Gewicht und Glaubwürdigkeit und überzeugt auf ganzer Linie. 

Auch sonst hat Die Frau in Schwarz einiges zu bieten: hier wurde mit doch relativ simplen Mitteln (plötzliche Eruptionen der musikalischen Untermalung, zu Fratzen verzerrte Gesichter etc.) eine zum Schneiden dichte Atmosphäre geschaffen, was auch der üppigen Ausstattung und den Kostümen, die mit ihrer viktorianischen Schwere perfekt ins Setting passen, zu verdanken ist. Die subtile Spannung wird immer wieder durch wohlgesetzte und teils richtig fiese Schockmomente aufgelöst, um sofort wieder meisterlich von neuem aufgebaut zu werden. Generell ist der Film herrlich altbacken: hier zucken Blitze, hier flackern Schatten, hier wabert Nebel, hier wuchert Efeu auf verwitterten Steingebäuden, hier krächzen Raben über verfallenen Friedhöfen: das ist nicht unbedingt originell, aber effektiv und passt hervorragend zu der düster-stilvollen "Gothic Horror Novel"-Stimmung. 
Vieles wird nur angedeutet, nur im Augenwinkel aus den dunklen Ecken der Villa erfasst, der Fantasie des Zuschauers überlassen. Das ist altmodisch im besten Sinne, klassischer "Haunted House"-Horror. Ebenfalls bemerkenswert: der Hauptcharakter macht tatsächlich eine Entwicklung durch, und der Film verzichtet auch nicht darauf, einen Grund für den ganzen Spuk zu liefern, der der ganzen Geschichte noch eine tragische Note hinzufügt. Schön! Das ist in diesem Genre leider nicht alltäglich, wo allzu oft viel Blut mit viel Spannung gleichgesetzt wird. 
Dass dann mit der "Frau in Schwarz" auch noch einer der bekanntesten und ältesten Geister verwendet wird, ist wirklich das Tüpfelchen auf dem i - ganz zu schweigen davon, dass diese im Film selbst wirklich gut in Szene gesetzt ist.

Ich habe mich jedenfalls bestens unterhalten gefühlt, habe mich angenehm gegruselt und einige Male heftig erschrocken, und möchte diese in sich perfekt geschlossene Hommage an die Schauernovelle jedem ans Herz legen, der etwas für solche Bücher übrig hat oder auch einfach nur mal wieder einen intelligenten Horrorfilm sehen möchte.

Dafür gibt es glatt 9 / 10 Punkten!

2 Kommentare:

  1. Und wie viel Harry-Potter-Gefühl war im Spiel? (diese Frage muss sein, mir gings beim Trailer schon so ;) )

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  2. Radcliffes Gesicht verbindet man erstmal mit Harry Potter, klar, aber wenn man davon mal absieht, hat der Film wirklich nichts mit HP gemeinsam ;) und Radcliffe spielt ziemlich gut!

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