Donnerstag, 29. November 2012

Filmreview: Into the Wild

Christopher McCandless hat eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann: er ist gerade einmal 22 Jahre alt, sieht gut aus, ist aus reichem Hause und hat einen Abschluss in Geschichte und Anthropologie. Aber all diese Dinge besitzen für ihn keinen Wert: er ist ein romantischer Träumer, ein Poet, der sich ein Leben ohne materiellen Besitz wünscht und von der Arroganz der wohlsituierten Eltern angewidert ist. Und so macht er sich nach dem Studium auf eine zweijährige Reise durch die USA, die ihn erst in den Süden bis nach Mexiko und schließlich zurück in den Norden bis hinauf nach Alaska führt. All diese Zeit verbringt er als Obdachloser, jobbt mal hier, mal da, und ist zufrieden und glücklich mit den Eindrücken, die er gewinnt, und den Menschen, die er kennenlernt.
In der Wildnis Alaskas richtet er sich schließlich fernab jeglicher Zivilisation einigermaßen heimisch ein und versucht, seine Vorstellung vom auf das Nötigste reduzierten Leben zu verwirklichen - und mehr kann und soll hier nicht verraten werden.

Sean Penns Film hat vieles, was für ihn spricht.
Da wären zum einen die unglaublichen Landschaftsaufnahmen. Die Schönheit Alaskas kann einem schon mal den Atem rauben - das ist tatsächlich noch unberührte Natur in ihrer rauen, ursprünglichen Form.
Dann wären da die Schauspieler. Emile Hirsch (als Christopher McCandless) wird zwar wahrscheinlich auch mit 40 noch aussehen wie Muttis Liebling, erledigt seinen Job aber ordentlich, wenn auch nicht oscarreif. Die Nebenrollen sind prominent besetzt, u.a. mit Twilight-Starlet Kristen Stewart (die auch in diesem Film an Gesichtslähmung zu leiden scheint und die schwächste Vorstellung abliefert), William Hurt, Marcia Gay Harden, Catherine Keener, Vince Vaughn, Jena Malone und Hal Holbrook, der dem Film seine einzige Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller einbrachte. Außerdem ist da noch der v.a. aus Hangover bekannt Zach Galifianakis.
Ein weiterer, wichtiger Grund ist die fantastische Filmmusik Eddie Vedders, die unverständlicherweise nicht einmal für einen Oscar nominiert war. Eddie Vedder - Sänger und Gitarrist der legendären Grunge-Band Pearl Jam - zeigt, dass er auch ganz sanfte Töne anschlagen kann. So begleitet er sich meist selbst mit Banjo oder Mandoline, während seine schwermütige, tiefe Stimme die verträumte Atmosphäre des Films perfekt einfängt.

Aber es gibt natürlich auch das ein oder andere, was nicht ganz so gelungen ist.
So stellt man sich schon die Frage, ob es besonders intelligent oder ein Ausdruck freiheitlichen Denkens ist, wenn man nach Alaska auswandert, ohne ein Karte mitzunehmen, oder Wildpflanzen isst, ohne sich hundertprozentig über die genaue Art sicher zu sein. Das ist eher etwas bekloppt. Sean Penn lässt sich da doch arg von der zweifelsohne gewagten und auch sehr idealistischen Idee begeistern und glorifiziert seinen tragischen Helden dadurch etwas zu viel.
Außerdem verliert der Film vor lauter Begeisterung über die Großartigkeit seiner Bilder manchmal - aber nur manchmal - den Inhalt etwas aus den Augen und neigt gelegentlich etwas zum Kitsch.

Aber das ist Kritik auf hohem Niveau, die sich weiß Gott verschmerzen lässt. Alles in allem ist Into the Wild dennoch eine sehr gelungene und in dieser Form einzigartige Biographie eines Getriebenen, dem sein eigenes Streben letztendlich zum Verhängnis wird. Das ist schwerer Stoff, gefällig und unterhaltsam umgesetzt und allemal einen Blick wert.
Dafür gibt's 7 / 10 Punkten.

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