Donnerstag, 29. November 2012

Der literarische Mittwoch - feat. Georg Heym

Nachdem der literarische Mittwoch jetzt gleich zwei mal ausgefallen ist, gibt es heute ein kleines Double Feature: erst das übliche Gedicht, dann eine Filmreview. Aber bleiben wir erst mal bei der Lyrik:


Georg Heym - Resignation

Hoch ragt der Neubau in den Abendwind
Der sacht vom Flusse kommt gezogen.
Welle um Welle vertauschet sind,
In die Dämmerung fließen die Wogen.

Siehe, ein Feuerlein blinkt in die Nacht
Und es drängt sich von bleichen Gestalten
Von Fronden gehetzt, vor der Arbeit verwacht,
Sahst du, wie die Fäuste sich ballten.

Fern gen Süden die Schwäne sich reihn,
Wellen nach, Wogen nach sind sie verschwunden.
Sie fliegen zur Freiheit zum Sonnenschein.
Ach, uns sind ja die Hände gebunden.


Dieses Gedicht verfasste der damals 16-jährige Heym 1904, und schon hier zeigt sich der enorme Einfluss, den er auf den deutschen Expressionismus haben sollte: die Stadt (repräsentiert durch den "Neubau") zerstört das Individuum durch Anonymität, Überforderung und Einsamkeit. An seine Stelle tritt eine gesichtslose Masse, und es gibt keine Hoffnung, sich dieser Entwicklung entgegenzusetzen.
Spätere Werke Heyms zeigen eine noch düsterere Weltanschauung, so z.B. sein vermutlich bekanntestes Gedicht "Der Krieg".
Heym stirbt 1912 24-jährig, als er einem beim Eislaufen verunglückten Freund - der Schriftsteller Ernst Balcke, der ebenfalls umkommt - helfen will und selbst einbricht.  
 

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