Frühes 20. Jahrhundert. Der junge Anwalt
Arthur Kipps, dessen geliebte Frau bei der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes starb,
nimmt aus Geldnöten einen unbeliebten Auftrag an, den ihm seine Kanzlei
zuschiebt. Er soll in das Küstenstädtchen Crythin Grifford reisen, um
den Nachlass der jüngst verstorbenen Alice Drablow zu regeln. Schon bei
seiner Ankunft verhalten sich die Dorfbewohner abweisend und
unfreundlich, und niemand will ihn zu Drablows Villa (die heimelig als "Eel Marsh House" bezeichnet wird, also "Aalsumpf-Haus")
bringen, in der sich wichtige Papiere befinden. Denn diese wird
angeblich von dem rachsüchtigen Geist der Schwester Drablows
heimgesucht.
Eines ist mal klar: Daniel Radcliffe sieht in dem Film fantastisch aus!
Wie direkt der goldenen Ära des Gruselfilms entsprungen. Zwar ist er ein
wenig zu jung, um einen verwitweten Familienvater zu spielen, aber er
verleiht seiner Rolle dennoch Gewicht und Glaubwürdigkeit und überzeugt
auf ganzer Linie.
Auch sonst hat Die Frau in Schwarz
einiges zu bieten: hier wurde mit doch relativ simplen Mitteln
(plötzliche Eruptionen der musikalischen Untermalung, zu Fratzen
verzerrte Gesichter etc.) eine zum Schneiden dichte Atmosphäre
geschaffen, was auch der üppigen Ausstattung und den Kostümen, die mit ihrer viktorianischen Schwere perfekt ins Setting passen, zu verdanken ist. Die
subtile Spannung wird immer wieder durch wohlgesetzte und teils richtig
fiese Schockmomente aufgelöst, um sofort wieder meisterlich von neuem
aufgebaut zu werden. Generell ist der Film herrlich altbacken: hier
zucken Blitze, hier flackern Schatten, hier wabert Nebel, hier wuchert
Efeu auf verwitterten Steingebäuden, hier krächzen Raben über
verfallenen Friedhöfen: das ist nicht unbedingt originell, aber effektiv
und passt hervorragend zu der düster-stilvollen "Gothic Horror
Novel"-Stimmung.
Vieles wird nur angedeutet, nur im Augenwinkel aus den dunklen
Ecken der Villa erfasst, der Fantasie des Zuschauers überlassen. Das ist
altmodisch im besten Sinne, klassischer "Haunted House"-Horror.
Ebenfalls bemerkenswert: der Hauptcharakter macht tatsächlich eine
Entwicklung durch, und der Film verzichtet auch nicht darauf, einen
Grund für den ganzen Spuk zu liefern, der der ganzen Geschichte noch eine tragische Note hinzufügt. Schön! Das ist in diesem Genre
leider nicht alltäglich, wo allzu oft viel Blut mit viel Spannung
gleichgesetzt wird.
Dass dann mit der "Frau in Schwarz" auch noch einer der bekanntesten und ältesten Geister verwendet wird, ist wirklich das Tüpfelchen auf dem i - ganz zu schweigen davon, dass diese im Film selbst wirklich gut in Szene gesetzt ist.
Ich habe mich jedenfalls bestens unterhalten gefühlt, habe mich angenehm
gegruselt und einige Male heftig erschrocken, und möchte diese in sich perfekt geschlossene Hommage
an die Schauernovelle jedem ans Herz legen, der etwas für solche Bücher
übrig hat oder auch einfach nur mal wieder einen intelligenten
Horrorfilm sehen möchte.
Dafür gibt es glatt 9 / 10 Punkten!
Und wie viel Harry-Potter-Gefühl war im Spiel? (diese Frage muss sein, mir gings beim Trailer schon so ;) )
AntwortenLöschenRadcliffes Gesicht verbindet man erstmal mit Harry Potter, klar, aber wenn man davon mal absieht, hat der Film wirklich nichts mit HP gemeinsam ;) und Radcliffe spielt ziemlich gut!
AntwortenLöschen